Es war sehr früh im Jahr – an Segeln war eigentlich noch gar nicht zu denken und Paula 2 (4313) befand sich noch tief im Winterschlaf. Martin und ich trafen uns, um die Regattatermine für die Saison 2019 abzustimmen. Viel ging in diesem Jahr nicht bei uns, aber wir haben beschlossen mal wieder ins Ausland zu fahren. Die Euro in der Türkei stand bei Martin ganz oben und auch ich hätte Lust auf das Abenteuer gehabt. Leider überschnitt sich der Termin mit der Opti Oldie Regatta, die ich in unserem Verein seit 15 Jahren organisierte. Hmm, nun stand ich im Zwiespalt, konnte den Verein aber letztendlich nicht hängen lassen. Also musste eine Alternative her. So fiel die Wahl schnell auf die Ungarische Meisterschaft. Martin kümmerte sich um ein Ferienhaus und fuhr am Sonntag, den 28.07 mit samt der Familie schon mal vor. Ich setzte mich am Montagmorgen ins Auto und trat die 850 km mit der Paula im Schlepp an. Nach 14 Stunden und zwei Staus hatte ich es gegen 22 Uhr geschafft. Es war schon dunkel, Martin empfing mich am Ferienhaus und seine Frau hatte mir noch ein schönes Abendessen bereitet. Zusammen haben wir noch ein Fläschchen Wein leer gemacht und dann ging es erschöpft in die Koje.
Der nächste Morgen fing mit einem Blick aus dem Fenster an, herrlicher Sonnenschein. Gut gestärkt ging es zum Verein. Dort war es noch ziemlich leer, nur ein paar eingepackte Piraten deuteten auf die Meisterschaft hin. Also erst mal Paula auspacken und aufriggen. Nach und nach trudelten dann auch die ersten Segler ein. Die Vorbereitungen waren nicht mehr zu übersehen. Banner wurden aufgehängt, Boote aufs Deck gelegt und eifrig poliert. Dann kam Zsolt, der ungarische Klassenobmann, der uns herzlichst begrüßte und uns zeigte wo wir melden konnten. Alles war fertig für die kommenden Regattatage. Nun hieß es erst einmal das Strandbad zu erkunden in dem Sophia mit den zwei Kids schon einige Stunden ihren Spaß hatte. Es lag direkt neben dem Verein und mit Hilfe des Armbandes, welches wir im Orgbüro bekamen, hatten wir die ganze Woche freien Eintritt. Den Rest des Tages wurde gechillt, wobei immer wieder ein Auge aufs Wasser flog und den schwachen Wind begutachtete. Abends noch gut essen gewesen und früh ins Bett. Am Mittwoch um 11 Uhr war dann die Eröffnung, leider konnten wir kein ungarisch und verstanden nicht viel, aber zur Nationalhymne standen wir natürlich mit den anderen stramm. Bei relativ konstanten 2 Windstärken klappte gleich der erste Start, jedoch kamen wir nur bis zur zweiten Tonne, als der Wind einschlief und um 90 Grad drehte. Fairerweise wurde die Wettfahrt abgebrochen. In den folgenden drei Stunden hatten wir dann genug Zeit uns das tolle Wasser anzuschauen und unsern Proviant leer zu machen, bevor es ohne weiteren Start gegen 15 Uhr wieder an Land ging. Das war es dann wohl für heute, dachten alle und machten die Schiffe für die Nachtruhe klar. Doch falsch gedacht, gegen 17 Uhr wurde es hektisch auf dem Platz, als das Startboot raus fuhr und der Wind wieder da war. Kaum am Kursfeld angekommen ertönte schon das Vorbereitungssignal. Bei drei Windstärken kamen wir mit einem guten 8. Platz ins Ziel. So könnte es eigentlich weiter gehen, dachten wir uns. Nach der Wettfahrt ging es wieder an Land, wo der Verein ein einfaches Abendessen organisiert hatte. Erste zögerliche Kontakte wurden geknüpft und die Freude auf den nächsten Tag wuchs. Abends dann noch mit dem Fahrrad die beeindruckende Promenade erkundet.
Tag 2 begann wie immer mit dem Blick aus dem Fenster. Null Wind und Sonnenschein, also gemütlich frühstücken und runter zum Verein. Dort sahen wir etwas betrübte Gesichter und alles bewegte sich in Zeitlupe. Am späten Vormittag gingen dann auch die ersten Biere über den Tisch. Der Wind wollte und wollte nicht kommen. Also ab ins Freibad und chillen. Abends stand eine Weinverkostung auf dem Programm. Wir wurden mit der Touri-Bimmelbahn abgeholt, die uns ans andere Ende von Balatonfüred zu einem Weingut mit wunderschöner Aussicht brachte. Dort begrüßte uns ein alter Winzer und es ging in den Weinkeller. Raus kamen alle mit gut Farbe im Gesicht. Nach ein paar weiteren Gläsern und Schmalzstullen ging es gegen 23 Uhr mit der Bimmelbahn zurück. Lautstark singend waren alle bei bester Stimmung. Für Martin und mich gab es dann vom „Schaffner“ noch eine Extrawurst und wir wurden bis zur Ferienwohnung chauffiert.
Tag 3: der Blick aus dem Fenster verhieß nichts Gutes, auch der Windfinder sagte null Wind für den Tag an. An ein Raussegeln war nicht zu denken. So verging der Tag wieder im Freibad mit gelegentlichen Besuchen im Verein, um die Lage zu checken. Langsam wurde es klar, dass der Reservetag wohl in Anspruch genommen werden muss. Mindesten 4 Wertungen mussten auf dem Zettel stehen.
Für Tag 4 war allerdings Wind angesagt. Also Abend ausklingen lassen und auf Wind hoffen. So kam es dann auch. Der morgendliche Blick aus dem Fenster ließ hoffen. Also schnell frühstücken und ab zum Verein. Dort ging es auch gleich raus auf den Balaton – gute 3 Windstärken. Alle mit einem Grinsen im Gesicht endlich segeln zu können, ging es an den Start. An Tonne 1 angekommen, dann der Hammer: innerhalb von zwei Minuten war der Wind wieder komplett weg. Sch… das darf doch wohl nicht wahr sein. Abbruch der Wettfahrt. Die kommenden 1,5 Stunden passierte nichts, außer dass die dunklen Wolken über den Bergen näher kamen. So schnell der Wind aussetzte, war er dann auch wieder da. 4 bis 5 und es ging los. Rennen eins lief nicht so gut mit Platz 16 kamen wir ins Ziel, der zweite Lauf mit misslungenem Start und Platz 24 leider noch schlechter. Der Wind war auch nicht unsrer und er sollte noch auffrischen. Im Rennen 3 dann wieder Platz 16. Erschöpft im Ziel rätselten wir, ob noch ein viertes Rennen auf dem Programm stand. So sollte es dann auch sein. Allerdings kamen die dunklen Wolken immer näher und die Gewitterwarnsignale rund um den Ballaton gingen an. Und das nicht ohne Grund: die ersten Böen mit 6-7 kamen durch. Die ersten Mannschaften nahmen das Groß runter. Nach ca. 20 Minuten mit bis zu 8 Windstärken und ein wenig Regen, war es dann vorbei und der Wind pegelte sich bei 4-5 ein. Rennen vier war harte Arbeit. Auf der Spistrecke kenterte unser direkter Konkurrent dann noch direkt neben uns und verpasste der Paula einen Kratzer. Wir hatten mega Glück, dass ihr Mast nicht in unserem Spi landete und uns mit rein zog. Am Ende hieß es für uns wieder Platz 16. An Land angekommen, wurden die Schiffe verpackt und gegen 20 Uhr stand die Siegerehrung an. Bei dieser wurde das hohe Niveau der Veranstaltung mit 3 Olympioniken und einem America´s Cup Segler hoch gelobt. Für uns hieß es am Ende insgesamt Platz 15 von 40 Startern. Wir waren zufrieden, obwohl wir natürlich gern mehr gesegelt wären. Leider waren alle nach der Siegerehrung innerhalb einer halben Stunde weg und außer den verpackten Piraten wies nichts mehr auf eine Meisterschaft hin. Jedoch gab es noch eine Überraschung für uns. Die Paula 2 schaffte es am Abreisetag nicht mehr an die Hängerkupplung und hat nun einen neuen Besitzer in Ungarn. Mit Wehmut und einer dicken Träne im Auge dauerte die Heimreise dann nur 9 Stunden. Und was jetzt??? Rückzug aus dem Piraten??? Neeee, lasst euch überraschen :-).
Wir freuen uns auf 2020.
Pirat —-.