Alle 10 Jahre wieder, folgerichtig veranstaltete der BTB in Berlin, die in diesem Jahr traditionsgemäß anstehende Jubiläumsveranstaltung. Und – wie immer – fand die Sache am Himmelfahrtswochenende statt, um eine relaxte Hin- und Rückfahrt der Teilnehmer zu ermöglichen. Das hat alles gut funktioniert und das Wetter hat im Großen und Ganzen auch mitgespielt.
Die Cheforganisatorin Hannelore hatte alles im Griff. Stellplätze für Bullis und Zelte wurden nach dem alten Motto „bitte warten, Sie werden platziert“ zügig vergeben. Höhepunkt der social events war sicher der Auftritt der legendären „Bockbier Blues Band“ am Samstagabend. Sie haben teilweise verstärkt durch einen Saxophonisten wirklich alles gegeben. Alle waren super, herausragend allerdings war Jenno, der mit zunehmend rundum bis um Hosenbund verschwitztem T-Shirt an diesem Abend bei ca. 170% lag. Auch die Künste eines weiblichen DJ (Zitat Ralle: „die macht mir Angst“) hielten die Stimmung hoch.
Alle Boote wurden mit einer Nummer markiert, die Slipwagen ebenfalls. Die Nummern am Boot wurden an der Backbordseite angebracht (vom Startschiff aus also nicht zu sehen!) und dienten lediglich dem Zweck, dem Slipwagenservice die Arbeit zu erleichtern. Direkt beim einslippen wurden die Slipwagen einkassiert und nach den jeweiligen Nummern auf dem Gelände sortiert geparkt. So konnten sie bei der Rückkehr der Segler leicht wieder gefunden und in der richtigen Reihenfolge schon im Wasser platziert wider mit den zugehörigen Piraten verheiratet werden. Super Sache, Dank an die Helfer.
Gesegelt sind wir natürlich auch. Das Hausrevier des BTB ist der Lange See, lang, aber dafür nicht so breit mit schönen dicht bewaldeten Ufern, kleinen Hügeln und zusätzlich garniert mit Inseln. Das Regattarevier befindet sich allerdings so weit weg vom BTB, dass wir hin- und zurück immer geschleppt werden mussten. Zudem gibt es einen Bereich unterwegs auf dem Kreuzen verboten ist, um die Berufsschifffahrt oder die ausgetonnte Ruderstrecke nicht zu behindern.
Für den Kurs wurden drei auf der Bahnkarte verzeichnete Tonnen ausgelegt. Diese lagen mehr oder weniger in einer Reihe, getrennt durch die Inseln und dadurch teilweise aus dem Startgebiet nicht zu sehen. Extra ausgelegt wurde eine Luvtonne, die es nach dem Start einmal zu umrunden galt. Starten war schon interessant. Ein großes Feld, ein schmaler See, eine kurze Startkreuz, durch Wetter und Topographie bedingt sehr unregelmäßige und sich ständig verändernde Verteilung des Windes in Richtung und Stärke. Also nichts für schwache Nerven. Nach dem Passieren der Luvtonne, was immer mindestens 10 Boote gleichzeitig taten gab es die Wahl: entweder luvseitig halten und damit vermutlich in die Landabdeckung fahren, oder das leeseitige Ufer ansteuern und damit im Falle von Böen von anderen überlaufen zu werden. Flautenlöcher, Böen und Winddreher begleiteten uns dann auf dem weiteren Verlauf des Kurses. Zur nächsten Tonne, die wir erst nach einer halben Stunde sehen konnten waren es gefühlt etwa 23 km. Auf dem Weg dorthin galt es weitere komplizierte Entscheidungen zu treffen wie z. B. eine Antwort auf die Frage zu finden, ob eine Insel sinnvollerweise rechts oder links zu passieren war. War manchmal gut, manchmal schlecht. Wie gesagt, reine Nervensache.
Da wir bei Absegeln der vollen Bahn wahrscheinlich bis zur Tagesschau gebraucht hätten, hatte der Wettfahrtleiter ein Einsehen und verkürzte die Bahn. So kamen wir auch noch pünktlich zum Mittagessen, was es bei der TSG gab, die ihr Clubgelände zufälligerweise mitten im Geschehen hat. Ein weiteres Rennen am Freitag wurde dann wegen Windmangel abgebrochen. Am Samstag hatten wir ein ähnliches Rennen wie am Vortag, Mittagessen wieder bei der TSG. An beiden Tagen gab es leckere Eintöpfe und isotonische Getränke.
Und danach wieder praktisch kein Wind. Da am Morgen jedoch noch flugs ein neuer möglicher Kurs auf dem Seddinsee bekannt gegeben worden war, hatte der Wettfahrtleiter die Möglichkeit zumindest den Revierunkundigen wie mir ein neues schönes Revier zu zeigen, in welchem sogar der Wind praktischerweise einmal längs herunter wehte. Außerdem lag es erreichbar durch eine schmale Zufahrt nahe an unserer bisherigen Wirkungsstätte. Wer hätte das gedacht? Wären dort vielleicht schon am Vormittag oder am Vortag ähnlich schöne Segelbedingungen gewesen? Na ja, hätte hätte Fahrradkette. Dort wurde dann ein ganz klassisches Up and Down gesegelt, keinen Schweinereien, in der Stärke wechselndem Wind und wenig Winddrehern. Und wenn Gunter E. in dieser Wettfahrt keinen Frühstart gehabt hätte, hätte Heino L. diesen Bericht schreiben dürfen.
Am Freitagabend gab es ein Bouletten/Currywurst Buffet mit diversen Zutaten. Gegen Ende hat uns dann Klaus Müller einen Teil seiner Geschichte, die ihn mit der Piratenklasse untrennbar verbindet, erzählt. Sehr spannend und auch berührend, wenn man hört, dass ein Treffen mit westlichen Piratenseglern in Ungarn in seiner Stasi Akte als „subversives Treffen mit dem Klassenfeind“ o. ä. (ich erinnere mich nicht mehr an die genaue Formulierung) bezeichnet wurde. Aufgrund seines großen Engagements für den Piraten in der DDR u. a. auch wegen weiteren Treffen mit Vertretern aus der Bundesrepublik und der Schweiz anlässlich der von ihm organisierten Jubiläumsveranstaltung 50 Jahre Pirat hat Klaus Müller dann auch noch seinen Job an der Humboldt Universität in Berlin verloren. Es gibt ja viele deutsch/deutsche Geschichten im Zusammenhang mit dem Piraten, wobei diese aus meiner Sicht unbedingt einmal aufgeschrieben werden muss, weil sie ganz deutlich macht wie ein normalerweise harmloses Engagement im sportlichen Bereich durch ein autoritäres Regime ganz anders gesehen und dann auch geahndet wird. Viele der Teilnehmer bei 80 Jahre Pirat waren keine Zeitzeugen und ich hoffe, dass sie die Geschichte genauso beindruckt hat wie mich, der ich ja Zeitzeuge bin. Vielen Dank, Klaus!
Auf dem Gelände fielen zwei ältere Herren auf, die mit einem älteren Piraten angereist waren, obwohl sie durchaus über aktuelles Material verfügen. Auch dies eine Reminiszenz an die Zeit des Wandels in der DDR und die Annäherung der Piratensegler aus Ost und West. Helmut L. und Carsten J. hatten sich ganz bewusst für dieses Boot entschieden, um an den damaligen leider viel zu früh verstorbenen Eigner Frank Soltau und die mit ihm verbundenen Geschichten zu erinnern.
Eines aber habe ich nicht verstanden. Wozu braucht eigentlich ein 80jähriger Kondome? Diese fanden sich in der Welcome Tüte, wo sich neben anderen schönen Sachen für jeden Teilnehmer auch ein besticktes „BTB 80 Jahre Pirat“ Handtuch befand. Dem BTB und seinen Sponsoren sei’s gedankt.
Zurück zum sportlichen Teil. Gewonnen haben wie so oft Ines und Thomas, die bei den vorliegenden äußerst schwierigen Bedingungen mit den Plätzen 2, 1, 2 einen Vorsprung von 11 Punkten auf den Zweitplatzierten Heino mit Vorschoterin Emma herausgesegelt haben.
Herzlichen Glückwunsch dazu!
Am Sonntagvormittag war dann Preisverteilung. Sie fand in stilvollem Rahmen am Flaggenmast des BTB statt. Jeder wurde bedacht, es gab Sonderpreise für diesen und jenen und dies und das. Ein würdiges Ende einer schönen Jubiläumsveranstaltung. Dank an den BTB und die vielen vielen Helfer auf den Schleppbooten, an der Slipanlage, an der Theke, am Grill usw.
GER 4466 – Kalle